Richard Kalvar: EARTHLINGS
Eröffnung am 17. September 2017 um 12 Uhr
Ausstellungsdauer: 17.09.–05.11.2017
Foto oben: Woman Looking At Herself In Store Window, New York City, USA 1969, Richard Kalvar/MagnumPhotos
Begrüßung: Helmut Etschenberg (Städteregionsrat)
Einführung: Nina Mika-Helfmeier (Leiterin des KuK Monschau)
Eintritt frei!
„Das ist es, was ich gerne mache: Spielen mit der ganz normalen Wirklichkeit, wobei sich meine ‚Akteure‘ ihrer Rolle nicht bewusst sind, sich also nicht in Pose werfen in dem ‚Drama‘, in dem ich sie einsetze.“
Der 1944 in New York geborene Fotograf Richard Kalvar bringt seine Arbeit in dieser Beschreibung selbst auf den Punkt. So fokussieren seine Bilder Befindlichkeiten, die Menschen gewöhnlich für sich behalten, und machen ihr Verhalten mit hintersinnigem Humor sichtbar. Augenzwinkernd konstruiert er alltägliche Dramen, spielt mit der Wirklichkeit und ignoriert manche Konventionen. Das herausragende Können Kalvars honorierte die Agentur Magnum Photos in Paris, indem sie den Künstler 1977 als Vollmitglied aufnahm.
Biografie Richard Kalvar
Richard Kalvar wurde 1944 in Brooklyn, New York, geboren. Er lebt und wohnt in Paris.
Nach dem Studium der Englischen und Amerikanischen Literatur an der Cornell Universität, von 1961 bis 1965, arbeitete er in New York als Assistent des Modefotografen Jerôme Ducrot. Eine ausgedehnte Reise mit der Kamera durch Europa im Jahr 1966 brachte die Entscheidung, selbst Fotograf zu werden.
Nach zwei Jahren in New York ließ er sich in Paris nieder und wurde Mitglied der Fotoagentur VU. 1972 half er bei der Gründung der Agentur VIVA. 1975 lud man ihn ein, Gastmitglied der Fotoagentur MAGNUM zu werden, zwei Jahre später wurde er deren Vollmitglied. Er bekleidete Funktionen als deren Vizepräsident und Präsident.
Richard Kalvar schuf sein umfangreiches fotografisches Oeuvre vorwiegend in den USA, Europa und Japan. Seine Fotografien sind gekennzeichnet durch eine eigene Ästhetik und eine große thematische Homogenität. Die Bilder spielen mit der Diskrepanz zwischen der Banalität einer wirklichen Situation und dem seltsamen Gefühl der Unwirklichkeit. Die so erzeugte Spannung zwischen verschiedenen Interpretationsebenen, wird gemildert - oder auch überspitzt - durch einen Schuss Ironie. Mit feinem, hintersinnigen Humor ausgestattet spürt Kalvar den kleinen, flüchtigen Absurditäten der menschlichen Komödie nach.
1980 stellte er seine Werke in der Galérie Agathe Gaillard in Paris aus, nahm daneben Teil an etlichen Gemeinschaftsausstellungen. Er spezialisierte sich immer mehr auf das alltägliche, großstädtische Leben. 1993 publizierte er ein Stadt-Porträt von Conflans-Sainte-Honorine. Rom ist Gegenstand eines gegenwärtigen Projektes. Das Maison Européenne de la Photographie würdigte das Werk Kalvars 2007 mit der Publikations »Terriens« (Erdlinge/Earthlings)
Richard Kalvar über seine Arbeit:
„Ich bin nicht wild auf die Bezeichnung „street photography“ (Straßenfotografie) um das zu beschreiben, was ich mache, weil meine Tätigkeit nicht notwendigerweise auf Straßen stattfindet. Die Bilder können auch auf einem Bauernhof entstehen, im Zoo, in einem Büro und so weiter. Die allgemeine Kategorie „nicht gestellte Bilder von Menschen“ trifft eher zu (oder manchmal auch von Tieren oder unbelebten Objekten, wenn in ihnen die menschliche Seele spürbar wird), und dann die Unterkategorie „auf denen nichts Besonderes stattfindet“. Wenn wir das dann eingrenzen auf das engere Gebiet „Spielen“, dann kommen wir in den Bereich, auf dem ich seit 40 Jahren tätig war. Das ist es, was ich gerne mache: Spielen mit der ganz normalen Wirklichkeit, wobei sich meine „Akteure“ ihrer Rolle nicht bewusst sind, sich also nicht im Pose werfen in dem „Drama“, in dem ich sie einsetze.
Sicherlich sehen Fotografien aus wie die Realität, und es ist die eng verwobene und dennoch unmögliche Verwandtschaft zwischen diesen beiden, die uns viele wunderbare Möglichkeiten eröffnet. So lange man das Geschehen nicht manipuliert durch bewusste Posen oder digitale Veränderung kann man Szene erschaffen die beides zugleich sind, glaubwürdig ebenso wie absurd. Sie alle sind Impressionen.“
Richard Kalvar, August 2007